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Der Ruf nach der hybriden Hauptversammlung
Business as usual: hohe Kapitalpräsenz, unabhängig vom HV-Format, aber rückläufige Besucherzahlen bei Präsenzveranstaltungen. Trotzdem wird gefühlt kaum ein Thema so intensiv diskutiert wie das Format der Hauptversammlung. Die Abstimmungen zu Ermächtigungen für virtuelle Versammlungen fallen zwar meist klar aus, doch der Wunsch nach einer hybriden Lösung hält sich hartnäckig.
von Thomas Wagner, Better Orange IR & HV AG
Die Hauptversammlung dient der jährlichen Aussprache im Dialog mit den Aktionären und der Beschlussfassung über jährlich wiederkehrende Pflichtpunkte und Sonderthemen. Im Vordergrund standen 2025 geopolitische Themen, Auswirkungen des US-Politik, Überbürokratie und das HV-Format.
Andere formaljuristische Themen der HV-Saison – namentlich Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat, Aufsichtsratswahlen, Nachhaltigkeitsthemen und Vorratsermächtigungen mit Bezugsrechtsausschluss – sind für den HV-Diskurs scheinbar zu abstrakt bzw. zu komplex und werden stattdessen der HV zeitlich vorgelagert hinter den Kulissen im Dialog mit Stimmrechtsberatern und Institutionellen diskutiert und entschieden.
Die formale HV-Saison
Formell war 2025 das Jahr der Erneuerung der zeitlich auf maximal fünf Jahre befristeten Ermächtigung des Vorstands, die HV auch zukünftig im virtuellen Format durchzuführen zu dürfen. Zudem mussten in diesem Jahr vielfach die Vergütungssysteme von Vorstand und Aufsichtsrat im 4-Jahres-Turnus gebilligt werden.
Sofern Aufsichtsratswahlen anstanden, lag der Fokus unverändert auf den Themen Unabhängigkeit und Ämterhäufung. Zudem ist der Trend – auf Druck des Kapitalmarkts – zu kürzeren und zeitgestaffelten Amtszeiten im Aufsichtsrat unverkennbar.
Für Unsicherheit sorgte dagegen die verzögerte und bislang immer noch nicht erfolgte Umsetzung der CSRD-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, sodass 2025 oftmals rein vorsorglich ein Prüfer für den Nachhaltigkeitsbericht bestellt wurde. Die noch 2024 erwartete zukünftige Zunahme der Bedeutung von freiwilligen Say-on-Climate-Beschlüssen wurde von der weltpolitischen Realität überholt.
Viel Lärm um die virtuelle HV
Die virtuelle HV ist insbesondere bei großen Streubesitzgesellschaften unvermindert sehr beliebt. Zu groß sind die Vorteile hinsichtlich Kosten und Planbarkeit sowie die größere Reichweite. Für großes öffentliches Aufsehen sorgte zu Beginn der HV-Saison das Scheitern von Siemens und TUI trotz deutlicher Stimmenmehrheit an der bei beiden Unternehmen ausnahmsweise erforderlichen 75%-Mehrheit für die erneute Ermächtigung zur virtuellen HV.
In der Folge betrieben viele Gesellschaften mit anstehender Erneuerung der Ermächtigung, auch auf öffentlichen Druck mancher Stimmrechtsberater, viel Aufwand hinsichtlich Erläuterungen zur Ausgestaltung der Aktionärsrechte, machten Zugeständnisse bezüglich der Laufzeit oder führten einen Zustimmungsvorbehalt des Aufsichtsrats ein. Im Regelfall wurden die Ermächtigungen mit einer sehr hohen Zustimmungsquote erneuert.
Eine Frage der Erwartungen
Dennoch bleibt die Forderung der hybriden HV, die beide Welten, Präsenz und virtuell, vereint. Die entscheidende Frage ist jedoch die Erwartungshaltung der Online-Teilnehmer. Reicht die vollständige Bild- und Tonübertragung mit einer Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe während der HV bereits aus? Oder werden vollwertige Antrags-, Rede- und Widerspruchsrechte für die zugeschalteten Teilnehmer erwartet? Eine Verankerung der hybriden HV im Aktiengesetz mit konkreten Anforderungen wäre zu wünschen.
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